جمعه
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Fahimeh Farsaie

Ein Gespräch mit der iranischen Regisseurin Manijeh Hekmat:
Hekmat: „Die junge Generation ist Irans Zukunft“


„Drei Frauen“ heißt der jüngste Film der iranischen Regisseurin Manijeh Hekmat. Er beginnt mit dem Klingeln eines Handys, wobei man die mit Autos verstopften Strassen Teherans aus der Vogelperspektive beobachtet. Dann schwenkt die Kamera auf das besorgte Gesicht der Hauptdarstellerin, Mino (Niki Karimi). Sie ist mit ihrer Mutter in einem lilafarbenen Nissan unterwegs zum Arzt. Beim zweiten Handy-Gespräch erfährt man von dem zweiten Problem Minos: Ihre Tochter, Pegah (Pegah Ahangarani), eine Kunststudentin ist spurlos verschwunden. Mino hat das Ausmaß des zweiten Problems noch nicht begriffen, da taucht die dritte Schwierigkeit auf: Ein antiker und wertvoller Teppich, den sie restauriert hat, wird gerade von einem vermögenden Iraner ins Ausland geschmuggelt. Mino will das um jeden Preis verhindern!
Im zweiten Spielfilm der Regisseurin Hekmat beginnt alles mit einem edlen Perserteppich und endet auch mit diesem Objekt als Symbol des kulturellen Erbens Irans. Die Geschichte besteht aus drei narrativen Strängen, die sich auf das Schicksal von drei Frauen aus drei Generationen beziehen und auf drei zeitlichen Ebenen erzählt werden: Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Der komplexe und gelungene Spielfilm, der auf der 58. Berlinale im Sektor „Panorama Spezial“ mehrmals gezeigt wurde, hat Publikum und Kritik gleichermaßen begeistert.
Manijeh Hekmat gehört zu den engagierten Regisseurinnen Irans, die seit 27 Jahren im Filmgeschäft tätig sind. Mit dieser 45-jährigen Filmemacherin, die sich politisch für die Politik der Reformisten im Iran einsetzt, sprach Fahimeh Farsaie auf der Berlinale:


- Sie haben in Ihrem Film auf die junge Generation gesetzt. Da ist die junge Kunststudentin Pegah, die auf der Suche ihrer Identität ist und nicht weißt, wie sie ihre Zukunft gestalten soll. Babak, ein selbst ernannter Archäologe, tritt im Gegensatz zu Pegah ganz selbstbewusst auf und verkauft sich als Hüter des kulturellen Erbes Irans. Die Vorgeschichten der Mutter und der Großmutter sind dagegen weniger präsent. Warum?
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- Schauen Sie mal! Ich sehe die ältere Generation im Iran allein und von allen verlassen. Sie muss ihre Last selbst tragen. Keiner hilft ihr…
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- Womit könnte man ihr helfen?
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- Mi einem historischen Gedächtnis, damit man nicht immer wieder denselben Fehler nicht macht…
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- Die historischen Fehler, die Ihre Generation während der
Revolution (1979) gemacht hat, zum Beispiel?
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- Meine Generation ist idealistisch und übernimmt die Verantwortung. Sie hat nicht nur 40 – 50 Jahre gelebt, sondern ein Tausend Jahre. Sie hat einen achtjährigen Krieg erlebt, an einer Revolution mitgewirkt und unzählige Sanktionen bis jetzt ausgehalten…
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- In Ihrem Film zeigen Sie, dass diese Generation ein gestörtes Verhältnis zur jüngeren Generation hat!
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- Ja, weil sie nicht in der Lage ist, mit dieser Generation eine gesunde Beziehung aufzubauen. Sie will ihre eigenen Ideale der jüngeren Generation aufzwingen. Sie kann nicht wahrnehmen, dass sich die Welt geändert hat und dass die junge Generation ihren Weg suchen und finden kann, zweifelsohne mit viel Mühe…. Das ist das Problem unserer Generation, dass sie nicht aus der Vergangenheit lernt…
Die junge Generation Irans, zu der ich großes Vertrauen habe, ist gleichzeitig Irans Zukunft. Viele schenken ihr kein Vertrauen. Ich bin überzeugt, dass diese Generation, ganz genau weißt, was sie macht. Sie hat ihren Weg gefunden. Sie sitzt zwar in einem Schiff, das dabei ist, ein stürmisches Meer zu überqueren, weiß aber ganz genau, wie sie das Land erreichen kann. Auf jeden Fall ist das kulturelle Symbol, das ich als Teppich in meinem Film gezeigt habe, auf der Schulter dieser Generation.
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- Warum haben Sie u. a. dieser Generation Ihren Film auf dem Fadjr-Festival nicht zeigen wollen? Sie haben sich geweigert, an diesem Festival, das fast parallel zur Berlinale im Februar in Teheran stattfand, teilzunehmen?
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- Ich wollte einfach nicht an einem ungerechten Wettbewerb nicht beteiligt sein. In einem offenen Brief habe ich mich bei meinem Team entschuldigt, weil ihre hervorragende Arbeit durch meine Entscheidung nicht gesehen werden konnte. Aus Protest gegen Zensur, gegen ungleiche Bedingungen für die unabhängigen Filmschaffenden im Iran habe ich auf die Teilnahme am Fedjr-Festival verzichtet. Ich und meine Gesinnungsgenossen, d. h. ein Teil der unabhängigen Filmschaffenden, sind seit Jahren der Willkür der Zensur, der diversen von der Regierung verursachten Umständen, der ungleichen Bedingungen ausgesetzt. Den regimetreuen Filmemachern stellt man alles zur Verfügung. Mit denen können wir nicht konkurrieren. Deshalb habe ich meinen Film auf dem Fadjr-Festival nicht zeigen wollen.
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- Sie haben auch in einem offenen Brief „die schwierigen Umstände“ die im Filmbereich herrschen, kritisiert. Wie sehen diese „schwierigen Umständen“ aus?
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- Ich habe diesen offenen Brief als Mitglied des Verbandes der Filmemacher Irans unterschrieben. Die Bedingungen für die unabhängigen Filmemacher im Iran sind unerträglich und umständlich: Die Künstler sind der Verachtung, Erniedrigung und Zensur ausgesetzt. Wir sind es gewöhnt, unter schrecklichen Bedingungen zu arbeiten. Das aber, was heute im Iran passiert, ist einmalig und unvergleichbar. Es wird einfach vorausgesetzt, dass Zensur ein Bestandteil der Filmproduktion sei. Und wenn man dagegen protestiert, hieße, dass man den Zionisten, den Kapitalisten dienen wolle, dass man von ihnen für seine Dienste Geld bekommen habe. Sie wollen nicht glauben, dass wir nur um unser Land besorgt sind. -

manijeh hekmat( Miete) und ihre Schauspielerinnen

- Gibt es auch Beispiele dafür?
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- Das ist zum Beispiel das erste Mal, dass die eingereichten Filme am Fadjr-Festival von einem Kontrollgremium zensiert wurden, bevor sie auf dem Festival gezeigt wurden. Das heißt, dass ein Zensurgremium diese Filme angeschaut und nach seinen eigenen Zensurkriterien und nicht aus der ästhetischen oder cineastischen Sicht, aussortiert hat. Nur solche Filme durften auf dem Festival gezeigt werden. Bei manchen Filmen haben sie angeordnet, dass einige Szenen herausgeschnitten werden. Manche Regisseure haben diese „Kontrolle“ zugelassen, dann durften ihre Filme gezeigt werden. Manche aber haben ihre Filme zurückgenommen. So ein Ausschuss nennt sich das „Auswahlgremium“. Dann frage ich mich, warum veranstalten sie überhaupt ein Festival? Ich habe eine andere Vorstellung von einem Filmfestival. Danach darf ein Auswahlgremium keine Zensur ausüben!
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- Ist dieses Verfahren vom Minister für „Kultur und Islamische Aufklärung“ und dem Ex-Revolutionsgardist Hossein Safar-Harandi vorgesehen?
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- Die Verantwortliche haben diese Bestimmungen in den Zeitungen veröffentlicht, als das Programm des Festivals zusammengestellt wurde. Das war keine interne Vorschrift. Ich glaube aber, dass wahrscheinlich der Kultusminister selbst auch machtlos ist. Ich kenne ihn persönlich nicht. Es gibt Leute, die eigentlich mit dem „Filmmanagement“ im Iran nicht zu tun haben, aber sie dürfen Anweisungen geben, über die Regeln bestimmen und uns drohen. Sie gehören dem Regierungsapparat und nicht dem offiziellen Filmmanagement Irans an. Wir sind dieser Willkür der Nichtverantwortlichen ausgesetzt. Ein Mitglied des Zensurgremiums z. B., Jamal Chordjeh (Regimetreuer Regisseur, R.), hat uns in einer Proklamation als Anhänger der Zionisten tituliert. Er behauptet, dass wir die Regierung Ahmadi-Nedjads schwächen wollten. Woher nimmt er sich das Recht, uns solche Anschuldigungen zu unterstellen. Wir interessieren uns für solche Angelegenheiten nicht. Wir sind Cineasten und wollen nur in unserem Land Filme machen… Diese Proklamation zeigte, dass die Verantwortlichen auch machtlos sind, dass die Regierungsanhänger sich in ihre Angelegenheiten einmischen. Wir sind sehr interessiert zu wissen, wer sind sie?

- Ihr nächstes Filmprojekt?
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- Ich muss mich zuerst um meine „Drei Frauen“ kümmern! -

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Interview und
Übersetzung ins Deutsch: Fahimeh Farsaie
Quelle:Freitag-Zeitung

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